Die Zeit des Jahreswechsels strategisch nutzen
In vielen Marketing- und Technologieblogs überfluten mich zum Jahresende Beiträge, in denen Experten einen Blick in die Glaskugel werfen und die Fragen „Was bringt 2016?“ „Welche Trends kommen?“ „Welche neuen Technologien können wir erwarten?“ beantworten. Ehrlich gesagt, diese Beiträge langweilen mich, da sie wenig nachhaltig sind. Bisher habe ich noch nicht erlebt, dass die aufgestellten Thesen nach einem gewissen Zeitraum – sagen wir, 6 Monate – noch einmal angesehen und mit dem Ist-Zustand abgeglichen werden. So wenig wie ich unrealisitische Fantasy-Filme mag, so wenig kann ich diesen Beiträgen abgewinnen. Viel spannender ist folgende Frage für mich: Was hat 2015 gebracht? Wie ist das vergangene Jahr gelaufen? Welche Thesen haben sich bewahrheitet? Wurden die gesteckten Ziele erreicht?* (Als ich soeben den letzten Satz tippte, hatte ich einen Aha-Moment. Aber dazu später mehr…)
Dieser Beitrag folgt dem Aufruf von Marit Alke, einen öffentlichen Rückblick auf 2015 zu posten und Ziele für 2016 zu setzen. Wer auch mitmachen möchte, findet in Marit Alkes Blogparade „Was bringt 2016 Neues“ bis 2. Januar noch Gelegenheit dazu.
Kein Vorausschauen ohne Rückblick – Sonnen- und Schattenseiten betrachten
Bevor ich hier verrate, welche Ideen ich 2016 in die Tat umsetzen möchte, muss ich noch mal den Blick zurückwerfen: 2015 war turbulent für mich; ein Jahr, das ich – bis ich mir hier mit diesem Beitrag klargemacht habe, was ich aus dem Ganzen lernen kann – lieber aus dem Kalender gestrichen hätte.
Warum turbulent? Ich habe viele Dinge zum ersten Mal gemacht:
- Das erste Mal zwei Mitarbeiterinnen angestellt: Ich hatte insgesamt 9 Monate Unterstützung durch zwei studentische Mitarbeiterinnen, die ich beide in meiner Arbeit als Dozentin an meiner alten Hochschule, der HS Karlsruhe, kennengelernt habe: Zwei Technische Redakteurinnen (da weiß man, was man bekommt!). Die geplante Anstellung warf dann gleich bürokratische Fragen auf; z. B. unter welchem Arbeitsverhältnis ich die beiden beschäftige und was ich Ihnen zahle – seit 2015 gibt es immerhin den Mindestlohn. Hierzu holte ich mir Beratung von meinem Steuerbüro sowie meinem Gründercoach. Die Lohnabrechnung gab ich zum Glück gleich in fremde Hände, einem netten und kompetenten Lohnbüro, das ich auf einer der Action Connection Meetings von Marc Eisinger kennenlernte (mehr dazu im nächsten Punkt). Mit den Arbeitsergebnissen meiner Studentinnen war ich – wie nicht anders zu erwarten war – überaus zufrieden, jedoch nicht mit mir selbst als „Chefin“. Ich hätte sie gerne noch besser angeleitet, mehr delegiert und in Neuem gefördert, als ich es schließlich getan habe. Falls ich mir noch einmal Unterstützung hole, weiß ich fürs nächste Mal definitiv, dass und was ich hier anders machen muss, mich selbst erst einmal besser führen und klar haben muss. Auch darf ich nicht so viel Perfektionismus an den Tag legen. Mitarbeiterführung ist meiner Meinung nach mit das Anspruchsvollste, was man in einem Unternehmen tun kann. Zumindest, wenn man, wie ich, das Thema „Unterforderung im Studentenjob“ so gut kennt und es gern anders machen würde.
- Den bestbesuchten Vortrag „Näher am Kunden mit Social Media“ bei Marc Eisingers Action Connection Meetings gehalten und mal eben die üblichen Raumkapazitäten im Hotel Froschbächl gesprengt, was durch schnelle Umplanung der Chefin Renate Haag aber kein Problem war. Link zu Marcs Rückblick: http://www.connexxtion.com/32-cxx/
- Meine Rechnungsstellung auf eine Online-Software umgestellt. Das Schreiben von Rechnungen geht nun gefühlt 200 % schneller als vorher.
- Das erste Mal einen Online-Kurs zum Thema Facebook produziert: Das bedeutete zum einen neue technische Ausrüstung wie ein Mikrofon, mit dem ich meine eigene Stimme aufnahm – den passenden Kauftipp erhielt ich von Christian Dingler . Die Audiodateien bearbeitete ich in Garageband – ein Programm, das standardmäßig auf dem Mac mitkommt, ich bisher aber nie verwendet hatte, sowie eine neue Version von Adobe Captivate (kannte ich zum Glück aus meinem Studium). Einen großen Teil der Arbeit erledigte meine eine Mitarbeiterin, die ihre Abschlussarbeit mit dem Thema „Erstellung eines Standardisierungskonzepts für ein Video-Tutorial zum Thema Social Media am Beispiel eines gewählten Social-Media-Beratungsunternehmens“ bei mir schrieb und mit „sehr gut“ abschloss. Doch auch hier wurde mir klar: Wenn ich das Ergebnis nach meinem Gusto will, dann muss ich einiges vorarbeiten – Zeit, die ich unterschätzt hatte. Learning: Die Balance zwischen eigenem Anspruch und der Zeitgewinnung sowie Entlastung durch Mitarbeiter finden.
- Das erste Mal auf der Digitalen-Nomaden-Konferenz in Berlin gewesen. Inspiration, Motivation und Networking pur!
- Das erste Mal professionelle Unterstützung von Netzwerkkollegin Maren Martschenko geholt. In ihrer Beratung haben wir Gedanken zu meinem Blog geordnet in einer Digitalen Erzählstrategie zusammengefasst. Maren hat mich ermutigt, „das Fass kontrolliert zum Überlaufen zu bringen“. Danke dafür!
- Das erste Mal auf einer Industriegüter-Messe einen Vortrag zum Thema Content Marketing gehalten.
- Das erste Mal eine Anzeige in einem Print-Magazin geschaltet und damit gnadenlos gescheitert! Print ist zwar längst nicht tot – bitte nicht falsch verstehen, aber in reiner Werbeform zu teuer für mich. Mein Gedanke: Für das Geld hätte ich so viel mehr bei Facebook bekommen!!! Learning: Wenn Print, dann PR. Ist kostenlos und konvertiert wenigstens.
- Mich das erste Mal von einem Kunden getrennt – nervlich keine einfache Situation für mich, habe ich mich hier von meinem Gründercoach beraten lassen.
- Viel mehr Kilometer als im Vorjahr Stadtmobil (Karlsruhe ist Weltmeister im Carsharing! ) gefahren. Das hat damit zu tun, dass sich mein Kundenkreis innerhalb Baden-Württembergs ausgeweitet hat – und da ich innerhalb Karlsruhes immer Rad und deutschlandweit immer Bahn fahre, ist das für mich ein angenehmer Nebeneffekt, wenn ich als Zugezogene ein bisschen das Ländle kennenlerne und als Nicht-Autobesitzer immer ein anderes Auto für eine gewisse Zeit „Mein“ nennen und cruisen darf.
- Eine NLP-Ausbildung begonnen. Lange habe ich das für manipulativen Woo-Woo gehalten, bis ich auf Heike Weick und Oliver Jung traf. Bei den beiden lernt man, verantwortungsvoll mit den erlernten Kompetenzen umzugehen und die Practitioner-Gruppe macht mir sehr viel Spaß. Ich habe mich richtig gefreut, dass 2015 mein Hirn wieder etwas Futter bekommt und ich in einem Team etwas Neues lernen kann.
- Das erste Mal auf einer Konferenz eine Session gehalten, ohne dass ich es bereits am Vorabend wusste. Meine Worte und mein Konzept fielen mir während der Vorstellungsrunde ein, und so ließ mich Karin Bacher, die gemeinsam mit dem K3 Kreativbüro auch in 2016 wieder das Creative.Fem.Net organisiert, auf die Bühne. Manchmal hab‘ ich auch spontan einen Lauf. 😉
- Das erste Mal für ein Landing-Page-Video gefilmt worden. Den Text hatte ich besser als alle anderen Probanden im Kopf, aber bis ich nicht mehr so ernst und natürlicher rüberkam, brauchten wir ein paar Anläufe. Und auch jetzt noch ist es sehr ungewohnt, mich auf Video zu sehen. Unterstützung erhielt ich hier von Marion Hofmann aus Rastatt und Alaleh Rayan.
Beim Video-Schnitt mit Alaleh. Wir erstellen ein Landing Page Video (Gott, ist das unangenehm, sich selbst sekundengenau beurteilen zu müssen! Aber Alaleh macht das gut.)
Posted by contentwerk on Tuesday, September 22, 2015
Mittlerweile geht es sogar, der eigenen Stimme zu lauschen, anfangs war es der Horror.
- Das erste Mal ein Gefährt (mein Fahrrad!) mit Werbung ausgestattet (hier konnte ich mich bei der Gestaltung wieder auf Tony Mayer-Graupeter verlassen) und eine Radtour durch Deutschland gemacht. Die zwei Scheiben am Vorderrad angebracht, sorgten definitiv für Gespräche, konvertierten aber noch nicht. Meinen großen Plan, auf Akquise-Radtour zu gehen, habe ich nämlich leider bei Beginn der Tour verworfen. Ich musste feststellen, dass ich ausgepowert war – meinen Sommerurlaub so dringend nötig hatte. Und weil ich mich gar nicht gut fühlte, nicht die Ausstrahlung hatte, die ich mir wünschte, ging ich nicht in die Akquise. So radelte ich alleine durch Hessen, Niedersachsen, Hamburg und Sachsen. Gewann trotzdem Kunden – nicht für die Online-Akademie, aber für Beratung in der Content Strategie. Learning: Man kann nichts erzwingen. Gesundheit ist das wichtigste und wird bei mir immer an erster Stelle, alles andere an zweiter Stelle stehen. Die Akquise-Radtour ist auch nicht aufgehoben, nur aufgeschoben.
Der erste Schritt für #cwro2015 ist getan: Dank der Montage von Bicibene Fahrräder & Zubehör ist meine Werbung (designed…
Posted by contentwerk on Monday, August 3, 2015
- Den ersten öffentlichen Workshop zu Content Strategie in Karlsruhe gehalten. Gutes Feedback erhalten. Bestätigung für mich, dass sich meine Methode bewährt. Mit großem Dank an Corinna Jahn vom Cyberforum e. V. für ihre Moderation und Martina Hardt für ihr Feedback in der Nachlese: https://www.contentwerk.eu/blog/content-strategie-workshop-in-karlsruhe/
- Das erste Mal mit gutem Gefühl einen Auftrag abgelehnt, anstatt sich später noch Gedanken darüber à la „Was wäre wenn…?“ zu machen.
- Das erste Mal den Karlsruhe #digiTALK organisiert. Ein tolles Team, mit ganz großem Dank an Christoph Funk & Judith Lampe vom Stadtmarketing, Björn Bohnenkamp & Solveig Schwarz von der Karlshochschule, Oliver Koch als Moderator, Moritz Damm & Felix Neubüser von ka-news für die Begleitung in den Medien. Ich freue mich schon auf weitere #digiTALKs im neuen Jahr. Der nächste findet übrigens am 19. Januar 2016 in Karlsruhe statt !
- Das erste Mal ein Coaching gebucht. 4 Monate intensive Arbeit mit Ashley, meinem amerikanischen Coach . Online, gemeinsam mit anderen. Über regelmäßige Webkonferenzen und den Austausch in einer Facebook-Gruppe. Learning: So vieles über mich selbst! Ich habe seitdem einen richtigen Sprung nach oben gemacht. Innerlich, als auch schon mit spürbaren Außenwirkungen. Definitiv eine Sache, die ich jedem empfehlen kann, der an sich arbeiten möchte.
- Das erste Mal bei den Frauenwirtschaftstagen in Karlsruhe einen Networking-Tisch gehabt. Bei beiden Runden war mein Tisch voll und ich konnte viel aus den Fragen meiner Zuhörerinnen und Zuhörer lernen.
- Die These „Social Media sind tot“ aufgestellt, mal frei nach Schnauze geredet und dabei gefilmt worden:
Learning: Das nächste Mal für ein Mikro sorgen, meine Stimme ist eher leise und braucht technische Unterstützung, insbesondere, wenn die Kamera nur einer GoPro entspricht. Danke an Mira Brendel von den netzstrategen für ihre Feierabend-Veranstaltung und die Möglichkeit, dort vorzutragen! - 9 Tage offline gewesen und den Atlantik nicht per Flugzeug, sondern per Kreuzfahrtschiff überquert. Seit meinem Indien-Nepal-Urlaub 2010 (damals hatte ich noch kein Smartphone und nutzte ab und an mal ein Internetcafé) war ich keine 9 Tage mehr offline. Wie es dazu kam? Das liest du am besten bei Spiegel Online nach: Digitale Nomaden auf Kreuzfahrt, geschrieben von Theresa Lachner
- Das erste Mal einen Workshop mitten auf dem Atlantik gehalten. (Thema: Content Strategie – Relevante Inhalte für jedes Content-Projekt)
- Eine Community von Gleichgesinnten erfahren, wie ich sie sonst noch nicht erlebt habe: Vor, während und nach der oben genannten Kreuzfahrt reiste ich mit einer Gruppe von neu gewonnen Freunden, die unternehmerisch denken, mit denen ich Geschäftsideen spinnen kann, mich über den Sinn des Lebens austauschen und dann auch noch richtig feiern kann. Einen großen Dank an Johannes Völkner von WebWorkTravel , der die Zusammenkunft der Community organisiert und überhaupt erst ermöglicht hat!
- Das erste Mal Kunden- und Interessentengespräche per Skype geführt: Mein Digitales Nomadentum machte es notwendig: Statt teure Gebühren zu zahlen, nutzte ich die Möglichkeit, über Skype Festnetz- und Mobilgespräche zu führen. Im Preis unschlagbar, in der Qualität, naja, standortabhängig. Ich hatte von grauenvoller bis top Gesprächsqualität alles dabei.
Was sind die Herausforderungen des Digitalen Nomadenlebens? Wenn man eine traumhafte Unterkunft mit Pool, Grill und…
Posted by contentwerk on Tuesday, December 8, 2015
- Das erste Mal: Live per Video übertragen. Als sogenannte „Jahresend-Challenge“ hatte ich mir selbst noch eine letzte Herausforderung gestellt: Einmal livestreamen per Periscope! Beim ersten Versuch hatte ich den Finger auf dem Mikro und beim zweiten Versuch ging irgendwas anderes schief, entweder war die Wifi-Verbindung in Brasilien zu schlecht oder/und mein iPhone hatte keine Kapazität mehr. Weiß der Himmel was. Learning: Es gibt vermeidbare Technik-Fehler, die durch Vorab-Information zu beheben sind, und es gibt Außenfaktoren, auf die man einfach keinen Einfluss hat. Wer mir auf Periscope folgen will: Einfach nach contentwerk suchen.
Um viele Erfahrungen reicher
Das waren also meine (ersten) Male in diesem Jahr. Ganz schön viele, was? Kein Wunder, dass ich mich 2015 wie in einer Achterbahn gefühlt habe. Als ich die Zeilen hier aufgeschrieben habe, ist mir jedoch wieder bewusst geworden, wie viel ich von jeder Aufgabe – und schien sie am Anfang viel zu groß und unmöglich – gelernt habe. Jede Erfahrung ist für etwas gut, man mag es nur nicht immer sofort erkennen und braucht etwas Zeit dafür.
*Oben hatte ich ja versprochen, darüber aufzuklären, welcher Aha-Moment in den Zeilen „Wurden die gesteckten Ziele erreicht?„ steckte. Mir ist klar geworden, warum mein 2015 so Durcheinander war: Ich hatte mir keine konkreten Ziele gesetzt. Vorsätze, ja. Aber keine Ziele, mit Datum und Commitment. Messbar, Spezifisch, so, wie sich das nach BWL’ers „SMART“ gehört.
Was ich 2016 verändern will
Mein 2016 soll definitiv anders verlaufen. Mit mehr Planung. Mehr Commitment. Mehr Freude. Das wird sich dann auch wieder positiv auf meine Gesundheit und die freie Zeit für Freunde auswirken.
Stay tuned… 😉
One Response to Mein turbulentes Jahr – Learnings 2015
Hallo Ute,
beim Lesen deiner vielen „ersten Male“ frage ich mich, ob dein Jahr vielleicht dreimal so lang war wie meines?? 🙂 Echt irre, da ist ja gigantisch was zusammengekommen. Rausstreichen solltest du das Jahr besser nicht – denn wer weiss, wohin du in Zukunft ohne diese ganzen intensiven Learnings segeln würdest?!
Ich freue mich jedenfalls dass du bei meiner Blogparade mitgemacht hast und ich dich so kennenlernen konnte! Ich wünsche dir für 2016 ganz viel „smarten“ Erfolg und hoffentlich auch noch das eine oder andere ungeplante Erlebnis 🙂
Herzliche Grüße
Marit